Wahrlich besser als der Ruf: Warschau

Die letzte Station meiner diesjährigen Sommertour war nun also Warschau. Die Stadt an der Weichsel löste Ende des 16. Jahrhunderts Krakau als Hauptstadt Polens ab. Heute leben etwa 1,8 Millionen Menschen in der Metropole und etwa noch einmal so viele direkt um die Stadt herum. Warschau ist in allen Belangen das Zentrum des polnischen Staates. 15 Prozent des polnischen Bruttoinlandsproduktes werden in der Hauptstadt generiert.


Ich weiß heute nicht mehr, wer es gewesen ist, aber irgendwann sagte mal jemand zu mir: Warschau kannst du dir schenken. Die Stadt ist hässlich und hat keinerlei eigenen Charakter. Dem kann ich nach meinem zweitägigen Rundgang durch Teile der Stadt überhaupt nicht zustimmen.
Zugegeben: Warschau ist von allem ein bisschen. Dort die Hochhäuser mit ihren Glasfassaden und einem Leben in den Straßen drum herum, das die Bezeichnung nicht verdient. Eine Straße weiter dann die Kastenbauten aus sozialistischen Zeiten, eines Paktes, der den Namen der Stadt trägt. Und ein gutes Stück weiter ins Herz hinein, wartet dann die Altstadt, die nach dem zweiten Weltkrieg komplett wieder aufgebaut wurde und seit den 1980er Jahren zurecht zum UNESCO Welterbe gehört.


All das mag auf den ersten Blick vielleicht nicht so ganz zusammenpassen. Doch tut es das in Berlin? Oder in New York? Städte wachsen aus sich selbst heraus und nicht selten verschwinden allzu große Bausünden nach einer gewissen Zeit auch wie von Geisterhand wieder. Nichts ist für immer und der Berliner Palast der Republik kann ein Lied davon singen. Hinzu kommt, dass Warschau sich selbst auch 35 Jahre nach Fall des Ostblocks noch immer als größte Baustelle der Welt bezeichnet.
In der Tat kriegt man dies vor allem als Fahrradfahrer mit. Zwar sind die Fahrradwege in der polnischen Hauptstadt grundsätzlich gut bis sehr gut ausgebaut. Es kommt allerdings auch noch vor, dass sie kurz vor einer Baustelle plötzlich enden und man nicht vorwärts, nicht links und nicht rechts weiter kommt. Also heißt es umkehren bis zur letzten Kreuzung und dort dann in die gewünschte Richtung abbiegen. Das nervt vor allem dann, wenn man vor den Toren Warschaus auf dem nächstgelegenen Campingplatz steht und bei 15 Kilometern in Richtung Innenstadt drei Mal umkehren muss.


Ansonsten bleibt zu sagen, dass Warschau auf jeden Fall eine Reise wert ist. Allein die Altstadt ist sehenswert. Vielleicht nicht so groß wie die von Krakau, dafür aber eben irgendwie schnuckeliger und ich mag halt engere Gassen – und die findet man in Warschau mehr als in Krakau. Zudem bleibt zu sagen, dass zwei Tage auf keinen Fall reichen. Dazu ist Warschau dann doch einfach zu groß. Ich für meinen Teil habe jedenfalls noch nicht einmal das Gefühl, auch nur die Hälfte gesehen zu haben.
Also wird es irgendwann dann mal wieder heißen: Auf in den Osten. Von Berlin sind es 570 Kilometer und ich werde dann morgen mal ausprobieren, wie sich das an einem Tag mit dem Wohnmobil so anfühlt.






































