Wien, Nr. 2: Zentralfriedhof und Prater

In kaum einer anderen Stadt der Welt wird das Morbide und damit der Tod so sehr gefeiert und auf die Schippe genommen wie in Wien. Musikalisch sind hier Klassiker wie »Es lebe der Zentralfriedhof« von Wolfgang Ambros, »Der Tod« von der EAV (Erste Allgemeine Verunsicherung), »I lieg am Ruckn« Von Ludwig Hirsch oder »Heite grob ma Tote aus« von Voodoo Jürgens entstanden. Literarisch hat dies Peter Ahorner 2024 in seinem Buch »Wien und der Tod« aufgegriffen. Und nicht umsonst gehört die Tradition der österreichischen Bestattung seit 2023 zum immateriellen UNESCO-Kulturerbe.


Es verbietet sich also, Wien wieder zu verlassen, ohne auf dem Zentralfriedhof gewesen zu sein. Böse Zungen behaupten, die Promi-Dichte sei hier höher als auf dem Wiener Opernball. Und tatsächlich kommt man auf Europas größtem Friedhof an jeder Menge Gräber vorbei, deren Namen einem mehr als bekannt wurden. Gerade bei den älteren Herrschaften muss man dies jedoch durchaus mit Vorsicht genießen. So ist Wolfgang Amadeus Mozart keineswegs auf dem Wiener Zentralfriedhof beerdigt. Es findet sich jedoch ein Ehrengrab in unmittelbarer Nähe zum (echten) Grab von Ludwig van Beethoven. Die Ehrengräber sind im Jahr 1881 eine Idee der Friedhofsleitung gewesen, um das Image des ungeliebten Friedhofs aufzupolieren. Die Einwohner von Wien fanden die Idee eines zentralen Friedhofes nämlich zunächst gar nicht so sonderlich gut. Lieber sollten die nahen Anverwandten weiterhin auf den regionalen Stadtteilfriedhöfen begraben werden. Diese platzten jedoch zum Ende des 19. Jahrhunderts aus allen Nähten und so kam die Idee, einer zentralen Gräberstätte.
Heute ist ein Spaziergang über den Friedhof wie eine Geschichtsstunde der Wiener Prominenz. Johann Nestroy, Ludwig van Beethoven, Franz Schubert, Johann Strauß, Johannes Brahms sind da Beispiele aus der Hochzeit der klassischen Literatur und Musik. Berühmte Entertainer der Schauspiel- und Musikkunst der jüngeren Zeit sind Theo Lingen, Paul Hörbiger, Helmut Qualtinger, Hans Moser, Curd Jürgens, sein Namensvetter Udo Jürgens oder auch der Hans Hölzel, besser bekannt als »Falco«.


Die Gräber sind dabei sehr unterschiedlich. Man sind es wahre Kunstwerke, wie der mit einem weißen Tuch abgedeckte Flügel bei Udo Jürgens, mal sind es einfache Grabplatten wie im Fall von Theo Lingen. Gerade die jüngeren Gräber sind zu einer Pilgerstätte von Fans geworden. Die vielen Bilder und Blumen zeugen davon.
Nach so viel Tod und Morbidität war dann am frühen Abend noch der Spaß angesagt und es ging zum Prater – genauer zum Wurstelprater. Denn Prater ist ursprünglich die Bezeichnung für den gesamten Park, der rund um das Areal des Vergnügungsparks liegt. Der Vergnügungspark selbst wird vom Ur-Wiener Wurstelprater genannt und besteht bereits seit 1825. Er ist damit älter als der Zentralfriedhof, der 1874 eröffnet wurde.


Heute unterscheidet sich der Vergnügungspark kaum von einem normalen »Rummelplatz«. Zahlreiche moderne Fahrgeschäfte laden zum Nervenkitzel ein. Es geht höher, weiter, schneller, meist um die eigene Achse und über den Kopf. Also eher was für Kampfjetpiloten – aber nicht für mich. Ich vergnüge mich dann doch lieber auf einer der drei GoKart-Strecken. Wobei man schon sagen muss, dass zwei der Strecken eben doch eher Jahrmarkt-Charakter haben und die GoKarts irgendwelchen Spielzeugautos gleichen. Ernster geht es da bei MPQ-GoKart in der Nähe des Prater Zentralplatzes zu. Hier haben die Autos richtig Power und knattern ordentlich laut durch die asphaltierten Kurven.
Insgesamt ist der Vergnügungspark genau dazu da, was er verspricht: Zum reinen Vergnügen. Was mich gewundert hat, sind die humanen Preise. Hier gibt es die Achterbahnfahrt noch für fünf Euro und selbst beim schnellen GoKart-Fahren ist man mit acht Euro pro Rennen durchaus günstig dabei. Da habe ich jedenfalls auf so mancher Dorfkirmes schon mehr bezahlt.



































