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England und die Musik

Großbritannien bzw. England kann vor allem zwei Dinge sehr gut. Fußball und Musik. Zwar beschränkt sich das mit dem Fußball auf die Vereinsebene und glänzt aufgrund des eingezogenen Großkapitals schon lange nicht mehr wie früher. Trotzdem hat man als Fußballfan gerade in der Mitte Englands das Gefühl, man fahre auf der Autobahn die Tabelle einer alten englischen Fußballliga ab. Egal, wie klein das Städtchen ist, durch den Fußball hat man den Namen irgendwann irgendwie schon einmal gehört. Ob das nun Wigan ist, Bolton, Oldham, Huddersfield oder Rotherham – von Manchester, Liverpool und Nottingham natürlich ganz zu schweigen.

Ähnlich ist es in der Musik. Geht man die Städte der Mitte Englands durch und recherchiert ein wenig, wird einem in jeder Stadt eine Band oder ein Musiker über den Weg laufen, den man schon einmal gehört hat. Seien dies Black Sabbath aus Birmingham, Sleaford Mods aus Nottingham, Oasis aus Manchester, Joe Cocker aus Sheffield oder eben gar die Beatles aus Liverpool. Dass dies selbst bei verhältnismäßig kleinen Städten so ist, hat einen Grund.

England gilt als Wiege der Popmusik – und nicht nur das. England ist zugleich nämlich auch die Intensivstation der Popmusik. Denn während anderorts ein Musikclub nach dem anderen stirbt, weil sich die Nachbarn über den Lärm beschweren, habe ich auf meiner Reise durch die Mitte des Königreichs gemerkt: Hier gibt es sie noch, die Kultur der Musik. An jeder Ecke ein Pub, in dem eine Live-Band oder ein Solo-Künstler auftritt. In meinem geliebten Berlin kann ich diese Kneipen an zwei Händen abzählen. Entsprechend ist dann auch die Qualität der Darbietungen. Während man sich in England nicht selten fragt, warum die Leute dort auf der Bühne nicht längst den weltweiten Durchbruch geschafft haben, fragt man sich in Berlin so manches Mal, warum die Leute vor dem Auftritt ihr Talent zu Hause gelassen haben.

Vielleicht sind es die Klischees vom steifen Deutschen und dem singfreudigen Englänger, die im Entferntesten erklären, warum England uns in Sachen Popmusik meilenweit voraus ist. Natürlich gibt es auch in Deutschland großartige Künstler, doch der Weg nach oben ist hierzulande ungleich schwieriger. Das mag an der Sprache liegen, vor allem aber daran, dass wir hierzulande unsere Live-Kultur sukzessive kaputt gemacht haben. Ab 22 Uhr hat gefälligst Ruhe zu herrschen und wer vorher schon zu laut ist, hat in Wohngebieten auch nichts zu suchen.

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In England haben junge Musiker die Chance, durch die ganz harte Schule zu gehen. Ein gut gefüllter Pub, die Leute unterhalten sich laut und Du stehst in der Ecke mit Deiner Akustik-Gitarre und versuchst Dir Gehör zu verschaffen. Deine Songs sind wichtig, es steckt so viel Herzblut darin. In einem Pub niedergequatscht zu werden – das stählt. Wer einen Pub auf seine Seite bringt, hat auch mit zigtausende unten vor der Bühne kein Problem.

In Deutschland fehlt diese Möglichkeit – erst recht, wenn du in einer kleinen Stadt wohnst. Geh mal nach Paderborn, Gießen oder Oldenburg und suche nach Auftrittsmöglichkeiten, wenn Du in den Sozialen Medien nicht mindestens 100.000 Follower hast. Es ist traurig – landauf, landab.

Und genau deshalb habe ich mich eben lieber in England umgeschaut und mich auf die Spuren großer Musik gemacht. Was ich gefunden habe, ist in meiner neuen Playlist »30 Best – Mid-UK Songs« zu finden. Keiner Leute aus London, Schottland oder Cornwall. Nur der backsteinige Mittelteil Englands. Und die großartige Musik aus dieser Region.

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