Eine Hauptstadt Europas: Luxemburg
Das Großherzogtum Luxemburg gehört definitiv zu den kleineren Ländern in Europa. Umgeben von Belgien, Frankreich und Deutschland sind es von der Nord- zur Südspitze des Landes mal gerade 80 Kilometer. Durchquert man Luxemburg von Ost nach West sind es an der breitesten Stelle sogar nur 55 Kilometer. Die Hauptstadt des kleinen Landes mit rund 670.000 Einwohner heißt genau wie das Land: Luxemburg.
Seit Sonntag stehe ich mit meinem Camper am Stadtrand dieser Hauptstadt und genieße einen sagenhaften Vorteil des Landes: Alle öffentlichen Verkehrsmittel in Luxemburg sind kostenfrei. Man braucht keinen Fahrschein. Einfach einsteigen, losfahren und ankommen. Hier am Campingplatz Kockelscheuer ist das mindestens genauso einfach, wie es klingt. Die Buslinie 18 fährt alle zehn Minuten, die Tramlinie alle acht Minuten. Was die Sache noch einfacher macht: Es gibt nur diese eine Tramlinie und zumindest im Innenstadt-Bereich fährt sie so ziemlich überall hin, kreuz und quer durch die Stadt. Man kann mit dem Tram also quasi nicht verkehrt machen. Und egal, ob Bus oder Tram: In rund 15 Minuten ist man mitten in der Stadt.
Nun klingt Hauptstadt so groß, doch natürlich muss man dies in Relation setzen. Etwas mehr als 132.000 Menschen leben in Luxemburg. Damit wäre die Stadt im Ranking der deutschen Großstädte auf Platz 59, direkt hinter Offenbach am Main und knapp vor Fürth. Dennoch wirkt Luxemburg größer – sehr viel größer sogar. Das liegt vor allem an den Außenbezirken, wo sich die Bürostädte gebildet haben und wo sehr, sehr viele Menschen arbeiten, die ihren Wohnsitz nicht in der Stadt haben, sondern von außerhalb kommen – selbst aus den Nachbarländern. Diese Bürokomplexe stehen denen in anderen europäischen Hauptstädten in Nichts nach. Die Grenzen Luxemburgs sind die meist-frequentierten der gesamten EU. Knapp 270.000 Berufspendler reisen täglich in der kleine Land ein. Geht man davon aus, dass rund zwei Drittel dieser Leute in die Hauptstadt zum Arbeiten fahren, würde dies bedeuten, dass Luxemburg-Stadt an Werktagen von etwa 132.000 Menschen auf rund 310.000 anschwillt.
Nimmt man das Pro-Kopf-Einkommen als Kriterium, gehört der Staat Luxemburg gehört zu den reichsten Ländern der Welt. Im Stadtbild der Hauptstadt sieht man dies nicht auf den ersten Blick. Viele Gebäude und Bauten wirken grau und farblos. Zudem ist das Gesamtbild wenig homogen. Da steht Neubau neben Altbau wie wild durcheinander gewürfelt. Auch die rein funktionale Bauweise der 1950er und 1960er Jahre findet sich über die gesamte Stadt verteilt, ohne dass in Sachen Ästhetik Rücksicht auf umherstehende Häuser aus dem vorherigen Jahrhundert genommen wurde. So entsteht ein wilder Mix, der nur an ganz wenigen Ecken Raum zur Entfaltung bietet. Eben noch vor prachtvollen Altbauten gestanden, ist man schon an der nächsten Straßenecke in einer Betonwüste à la Ruhrpott angekommen. Trostlos, ausladend, hässlich.
Dies ist jedoch nur ein Gesicht der Stadt und hässliche Ecken findet man überall. Das überwiegende Gesicht Luxemburgs ist dafür umso schöner. Fährt man mit dem Tram in die Stadt, steigt man am besten an der Haltestelle »Hamilius« aus und geht in Richtung »Place du Metz«. Vor der Adolphe-Brücke biegt man ab und geht in Richtung »Platz der Nation«. Hier sieht man, was Luxemburg so besonders macht. Die Stadt ist durch einen tiefen Graben quasi in der Mitte geteilt. Wie eine Schlange ziehen sich die Parcs de la Pétrusse durch den gesamten Innenstadt-Bereich und trennen das Bahnhofsviertel von der Altstadt.
Während das Bahnhofsviertel vor allem dann interessant ist, wenn man beim Shopping die Kreditkarte glühen lassen will, nimmt einen die Altstadt (Haute-Ville) mit in die Geschichte Luxemburgs. Je weiter man hier nach Osten kommt, desto enger werden die Gassen und bedeutungsvoller die Gebäude. Auch der Großherzogliche Palast findet sich hier und die Kasematten – in den Felsen gehauene Höhlen und Gänge, die ab dem 17. Jahrhundert zu Verteidigungszwecken angelegt wurden und ursprünglich ein Teil der Festung Luxemburg waren. Von hier hat man quasi an jeder Ecke einen herrlichen Blick auf die untere Altstadt Luxemburgs, welche tief unten im Tal rund um die Abtei Neumünster liegt.
Unbedingt besuchen sollte man dort unten auch das »Rives de Clausen« – einer Art Vergnügungsviertel mit verschiedenen Bars und Restaurants. Ein Großteil des Luxemburger Nachtlebens findet hier unten im Tal statt.
Direkt neben dem »Rives de Clausen« findet sich auf der rechten Seite übrigens eine kleine unscheinbare Treppe, die zu einem Weg am Rande der Alzette führt. Diesen Weg kann man gehen, um über die Abtei Neumünster die untere Altstadt zu erreichen. Von hier hat man denselben schönen Blick auf die Stadt Luxemburg – nur eben von unten nach oben.
Insgesamt kann und muss man bei Luxemburg natürlich sagen, dass man allein schon aufgrund der Größe kein Glanz und Glamour wie in London, Paris, Berlin oder Rom erwarten darf. Einen Pracht-Boulevard wie in anderen europäischen Metropolen, sucht man in Luxemburg vergeblich. Doch in Sachen Schönheit kann die Stadt durchaus mit Städten wie Kopenhagen, Stockholm, Helsinki oder Amsterdam mithalten. Ehe ich mir also Offenbach am Main ansehe oder nach Fürth, Herne oder Ingolstadt fahre, ziehe ich dann den Trip nach Luxemburg doch definitiv vor. In der Altstadt lässt es sich herrlich bummeln. Auch rund um die »Grand Rue« finden sich unzählige Geschäfte, Bars und Restaurants.
Insgesamt ist Luxemburg vor allem französisch geprägt. Dies merkt man an den unzähligen Cafés, aber auch am kulinarischen Angebot. Deutsche Hausmannskost oder belgische Pommes Frites sucht man hingegen eher vergeblich. Dies verwundert in sofern, ist Luxemburg doch ansonsten ein wild durchmischter Haufen. Hört man sich auf der Straße um, begegnet man an Sprachen ein derart wildes Durcheinander, dass selbst Berlin vor Neid erblassen würde. Dennoch gilt: Mit Deutsch, Englisch und/oder eben Französisch gibt es keinerlei Verständigungsschwierigkeiten. Es gibt kaum einen Luxemburger oder eine Luxemburgerin, der/die nicht alle drei Sprachen perfekt spricht. Und dazu kommt dann ja noch das Luxemburgische. Eine Sprache, die nur leider außerhalb von Luxemburg kaum jemand spricht und die noch bis Mitte des 20. Jahrhunderts nicht als eigenständig, sondern als Mundart des Deutschen galt. Daher der Tipp: Wenn sich zwei Luxemburger unterhalten – einfach mal ganz genau hinhören. Mag man auch nicht jedes Wort verstehen, den groben Sinn eines Gespräches kann man durchaus erfassen.
Sucht man also eine Stadt mit Flair, die noch dazu den europäischen Gedanken wie kaum eine andere Stadt aufgesogen hat, ist man in Luxemburg absolut richtig. Weltoffen, international und freundlich zeigt man sich hier und hat auch in Sachen Kulinarik und Sightseeing sehr viel zu bieten.